The Baseballs in Bremen (Modernes)
Nachdem ich in Hamburg und Minden schon einen schönen Vorgeschmack auf die kommende Tour von The Baseballs bekommen konnte, fieberte ich meinem Tourstart in Bremen sehr entgegen. Es ist ja quasi mein Home-Konzert. Endlich war der große Tag gekommen, den ich auch völlig entspannt beginnen wollte. Daher hab ich Urlaub genommen, auch wenn ich nur eine sehr kurze Anreise zu meinem Lieblingsclub, dem Modernes, habe. Um 16 Uhr wollte ich eigentlich los, aber kurz vorher sagen die hier bei Radio Bremen 4 durch, die Band ist gleich live im Studio. Ah…super, also warte ich noch bis kurz nach den Nachrichten, dann heißt es, in 10 Minuten wäre es soweit. Also doch schnell zum Auto und schon mal losgefahren.
Und tatsächlich, die Voc’n’Roller plaudern mit Moderator Malte über dies und das – dann wird „Hot’n’Cold“ gespielt und ich falle fast vom Glauben ab…als wenn man eine 45-er Single mit 33-er Geschwindigkeit auf einem Plattenspieler abspielt…der Song ist viel zu langsam, die Stimmen klingen leierig. Und keiner macht was…ich hab’s Handy schon in der Hand, aber der Straßenverkehr verhindert, dass ich im Studio anrufen kann. Verdammt, merkt das denn keiner, sind die alle doof? Irgendwie kommt mir der Verdacht, die Band kann eigentlich nicht live im Studio sein, dass ist sicher früher aufgezeichnet worden. Menno, so macht man keine gute Werbung.
Kurz nach halb fünf bin ich dann am Modernes…nicht die erste, aber trotzdem alles ganz entspannt. Nr. 4 ist auch toll. Der Tourbus steht vor dem Club, die Straße ist Baustelle, aber direkt hinter dem Bus finde ich noch einen Parkplatz. Ein Wagen aus Duisburg steht vor mir, die Fahrerin ist so lieb und fährt noch ein Stückchen vor, so dass alles passt.
Am Eingang dann beschnuppern sich die Anwesenden erst einmal…zwei Mädels aus NRW und eins aus der Schweiz. Sofort sind wir alle im Gespräch und verstehen uns auch sehr gut. Was von Vorteil ist, denn wir werden uns auf der Tour noch häufiger sehen.
Die Zeit vergeht, weitere Leute kommen erst mal nicht…meine Freundin Petra, die sich recht spontan entschieden hat, nach Bremen zu kommen und die Band ein zweites Mal nach Bremerhaven live zu sehen, trudelt als nächste ein.
Bis 18 Uhr bleibt es bei der Konstellation, mir wird schon etwas ängstlich. Bei Heimatkonzerten hab ich immer so das beklemmende Gefühl, etwas verantwortlich zu sein, wenn es nicht gut wird oder zu wenig Leute kommen. Objektiv gesehen natürlich Blödsinn, aber trotzdem sitzt der Gedanke irgendwo im Hinterkopf fest.
Aber dann bilden sich doch ordentliche Schlangen, hinter uns wird schon mal eine Flasche Sekt unter Mädels geköpft…der Einlass beginnt pünktlich und läuft entspannt, diesmal gibt’s keine Meckereien, weil meine Kamera angeblich zu groß ist. Super, wir haben einen schönen Platz auf der rechten Seite und ich freu mich…gehe noch schnell auf Toilette, als ich zurückkomme, treffe ich auf zwei Sasha-Fans, die auch seit dem Bremerhaven-Konzert begeistert von den Baseballs sind.
Dann auf einmal taucht hinter mir ein kleiner Mensch auf und ich kann es kaum glauben und freu mich riesig…meine große Schwester ist da. Sie hatte am Tag zuvor gesagt, sie überlegt mal, ob sie auch kommt, aber ich hätte niemals wirklich damit gerechnet. Toll toll toll :D
Wir quatschen und erzählen und ich bekomme nur aus dem Augenwinkel mit, was neben mir so abgeht. Da zankt eine große Frau mit Michelle herum, mit der ich beim Geheimkonzert in Hamburg war und die heute mit ihrer Freundin hier ist. Ich höre wüste Beschimpfungen, die absolut unter die Gürtellinie gehen und an dieser Stelle nicht wiederholt werden können und plötzlich wird diese Frau handgreiflich. Michelle dreht sich zur Seite und sagt immer nur, sie will keinen Stress und möchte hier jetzt auch nicht diskutieren, aber die hysterische Furie gibt keine Ruhe und vergräbt ihre Fingernägel in Michelles Nacken, reißt ihr die Halskette ab, zieht ihr in den Haaren, reißt einen Ohrring heraus. Ich denke, ich spinne, weiß gar nichts mit der Situation anzufangen. Wir Umstehenden sagen der Frau natürlich, sie soll endlich aufhören, aber es geht ja auch alles sehr schnell und dann will dieses Weib eigentlich auch abhauen, dreht sich aber noch mal zurück und spukt Michelle auch noch an, die immer noch ganz ruhig steht und sich nicht wehrt. Ja, wo sind wir denn? Zum Glück wurde bereits ein Ordner von draußen gerufen und dieser befördert diesen seltsamen Fan aus Hamburg aus dem Club.
Michelle weint und wir versuchen, zu trösten. Ihr Hals sieht schlimm aus, alles rot und blutunterlaufen. So eine Gemeinheit. So etwas habe ich auch noch nicht erlebt. Unfassbar…wie primitiv oder gestört oder auch beides muss man sein, so zu handeln – egal, was da im Vorfeld geschehen sein mag…
Noch mehr sieht man Michelles Verletzungen, als die Betreiber des Modernes sich entschließen, dass Dach zu öffnen. Das ist echt eine tolle Sache in diesem meinem Lieblingsclub…frische Luft von oben.
Doch irgendwann haben sich alle Gemüter beruhigt, das Dach wird wieder geschlossen und dann wird es plötzlich dunkel…hinter dem weißen Vorhang tut sich was…Musiker kommen auf die Bühne, die Musik setzt ein, Scheinwerfer bestrahlen das weiße Tuch und die drei Hauptakteure Digger, Sam und Basti sind dahinter schattenhaft auszumachen. Ich bin total happy, denn der Opener ist „Monday Morning“. Hatte ich doch erst einmal live in Bielefeld erlebt und gleich für toll befunden. Endlich fällt der Vorhang und die Show geht richtig los. Jubel im ganzen Modernes, Stimmung kommt sofort auf. Die zweite Nummer „Angels“ ist natürlich allen bekannt und damit gleich ordentlich zum Mitsingen. Ich finde, das macht das Publikum auch richtig gut. Natürlich machen es Basti, Sam und Digger noch viel besser. „Hey there Delilah“ ist immer noch eines meiner liebsten Stücke auf dem Album und macht mir viel Spaß. „Love in the club“ sowieso – da rollen die Hüften der Herren sooo schön. Und dann kommt auch schon „Sex on Fire“, das ich unfassbar gut finde – und nicht nur ich…das Publikum ist auch inzwischen schon sehr außer Rand und Band und bejubelt die großartige Show der Baseballs samt Band! Lady Gagas „Bad Romance“ erkennt natürlich auch sofort jeder. Mit dem gefühlvollen „This love“ ist auch eine Ballade am Start, so dass man etwas Zeit zum Durchschnaufen hat. Aber danach geben die Herren wieder Vollgas und beweisen das Gegenteil von „I don’t feel like dancing“. Und nun ist auch der Punkt gekommen, wo sie Verstärkung auf der Bühne brauchen. Sie bitten zwei Frauen auf die Bühne und holen Gitarristen Lars nach vorn – denn Lars kann auch richtig gut tanzen. Das macht er jetzt sehr anschaulich vor und die Damen werden gebeten, es ihm doch nachzumachen. Stufe 1 und 2 sind noch machbar, aber als Lars sich dann bei Stufe 3 seiner Tanzvorführung auch noch fast auf den Boden wirft, müssen die beiden Ladys doch etwas aufgeben. Großer Applaus für alle drei Akteure…und weil’s so schön war, dürfen die beiden Mädels auch noch bei „Don’t cha“ auf der Bühne bleiben.
Ich freue mich, dass es auch ein Baseballs-eigener Song ins Programm geschafft hat. „Fucking Lovesong“ brettert so schön – und am Ende verschwinden Digger, Sam und Basti von der Bühne und die Band spielt ein großartiges Instrumental-Stück. Ich bin stehend begeistert, wow, einfach klasse.
Die Baseballs nutzen ihre kurze Auszeit, um sich umzuziehen und kehren dann zu einem Akustik-Set wieder zurück. Neue Mikrofone werden in die Mitte der Bühne gestellt und Sam, Basti und Digger nebst der Bandmitglieder Sven, Jan, Lars und Tomas stellen sich drumherum. Digger bittet noch darum, doch vielleicht das Dach zu öffnen, um frische Luft herein zu lassen, denn nun wird es 10 Minuten mal leisere Töne geben, aber dem kommen die Hausherren nicht nach.
Nun erlebe ich für mich ganz Neues…“Hard not to cry“, acapella – ich bekomme Gänsehaut und finde es einfach nur wunderschön. Das Bremer Publikum ist auch total aufmerksam und spart sich laute Zwischenrufe oder Reingepfeife, so dass man die schönen Stimmen aller Akteure auf der Bühne genießen kann. So auch bei „Human“, das man im Original von The Killers kennt – der Song ist quasi aufgesetzt auf die Melodie von „I wonder why“ – tolle Idee…Als letztes Akustikstück gibt’s das wohlbekannte „Bleeding Love“, das auch vom Publikum begeistert angenommen und mitgesungen wird.
Nun ist es aber vorbei mit Stille und Ruhe und Leise – jetzt geht’s wieder richtig zur Sache. „Let me love you“, noch gut bekannt von der letzten Tour, ist am Start, aber heute ohne das Wechselspiel zwischen Band und Sängern.
„Crazy in Love“ folgt, dann gibt es wieder einen neuen Song, und zwar „Chasing Cars“. Beim Klaviersolo am Ende schlagen Flammen aus dem Piano und Jan hält eine Bratwurst am Stock ins Feuer und beißt dann herzhaft hinein, ein wirklich guter Gag, der noch Raum für viele Spekulationen, Ideen und Planungen gibt.
Doch nun heißt es Hände in die Luft und kräftig mitgeklatscht, denn mit „Umbrella“ ist der bisher größte Hit der drei Herren dran. Der Song geht in ein irres Solo von Drummer Tomas über. Das Modernes steht Kopf, die Stimmung ist grandios. Doch dann gibt Basti den Spielverderber und kündigt den letzten Song an, aber wenn es uns bisher gefallen hat, sollen wir doch Arme hoch nehmen und klatschen. Dem leistet jeder Folge und mit „I’m yours“ wird das Hauptset dann beendet.
Keine Frage, dass Zugabe gefordert wird. Die Akteure lassen sich auch nicht lang bitten und tauchen schnell wieder auf der Bühne auf. „Lets get loud“ folgt und hierbei wird zum Tanz aufgefordert. Wir sollen einen Schritt nach rechts, einen Schritt nach links machen – dann dabei etwas in die Knie gehen und als letzte Phase auch noch den Kopf dabei mitnehmen – das muss von der Bühne aus recht lustig aussehen, wenn alle dabei mitmachen.
Beim nächsten Song macht Digger erst einmal den Vorbeter – wir rufen ihm alle Uhs und Ohs und Ahs nach und dann startet „Hot’n“Cold“ und die Bühne wackelt noch einmal vor Energie. Und das natürlich auch beim absoluten Finale, „The Look“ – auch da singen wir mit den Voc’n’Rollern, dass es eine Freude ist. Ich glaube, sie gucken an diesem Abend auch wieder in lauter glückliche Gesichter, denn wen immer ich frage, ist begeistert.
Aber leider ist ja auch die tollste Show viel zu schnell vorbei und wir wollen nur noch ins Freie. Luft, frische kühle Luft…leider dauert es im Modernes immer etwas, bis sich die Menschenmassen durch die zwei Gänge geschoben haben, draußen dann die Überraschung: Es regnet…bäh, aber gut, das war wohl der Grund, warum auch das Dach nicht geöffnet werden konnte. Zum Glück stand mein Auto schräg gegenüber des Eingangs, so sammelten wir uns quasi da, ich hockte auf dem Kofferraumrand und füllte erst einmal ordentlich Flüssigkeit nach…Das ist immer mein größtes Manko bei Konzerten – wenn man dort keine Abstellmöglichkeit hat, die Getränke zwischendurch ausgehen oder man erst gar keine hatte. Nach dem halben Konzert klebt einem dann schon die Zunge am Gaumen fest, schwierig…aber jetzt wird der Flüssigkeitshaushalt wieder richtig in Ordnung gebracht. Zum Glück ist mein Kofferraum gleichzeitig mein Keller, aber so siehts darin leider auch aus :)
So nach und nach verabschieden sich die Leute, obwohl noch ein großer Andrang ist. Ich bleibe noch ein wenig, der Regen hat nachgelassen, es ist lustig mit den Leuten, die ich neu kennen gelernt habe, wobei die nette Schweizerin nicht mehr zu sehen ist. Sie nächtigt in ihrem Auto und hat sich sicher zurückgezogen, für sie ist es ja schon das dritte Konzert in Folge und dann kann man schon mal richtig kaputt sein. Zum Glück ist die brutale Person aus Hamburg nicht mehr da, wir hatten so unsere Befürchtungen, dass sie Michelle womöglich nach dem Konzert nochmal auflauert.
Meine Heimfahrt wird erst später angetreten, um halb zwei bin ich dann aber auch daheim und richtig glücklich, dass ich am nächsten Tag schon wieder los darf – ab nach Hannover…BiBi on Tour, so liebe ich das Leben am meisten.
- BiBi -
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